Einer der nennenswerten Vorteile des neuen Einheitspatentsystems für Europäische Patente ist die Möglichkeit, ein DE-Patent neben einem EP-Patent in gleichem Umfang bestehen zu haben – so hat es Deutschland nun vorgesehen. Denn das war bei bisherigen Europäischen Patenten (vor dem neuen Einheitspatentsystem) nicht möglich. Mit einem Start des Einheitspatentsystems ist zum 1. Juni 2023 zu rechnen.
Das EP-Patent darf dafür nicht (per Ausnahmeregelung des Art. 83(3) EPGÜ = Opt-Out bei der Kanzlei) der Gerichtsbarkeit des Einheitspatentgerichts (EPG) entzogen sein. Alternativ handelt es sich um ein Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung (EPeW).
Denn der bisherige Wirkungsverlust würde erst mit wirksamer Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung (Opt-Out) eintreten und kann nicht mittels Opt-In rückgängig gemacht werden. Denn der bisherige Wirkungsverlust bei einem Doppelschutzverbot ist endgültig.
Jedenfalls können Patentinhaber während der mindestens 7-jährigen Übergangsphase das neue europäische System (EP ohne Opt-Out oder EPeW) ausprobieren, ohne die nationalen Schutzrechte aufgeben zu müssen.
An der Möglichkeit, Gebrauchsmuster und Patent zu kombinieren, hat sich nichts geändert – es gibt kein Doppelschutzverbot betreffend EP-Patent und DE-Gebrauchsmuster.
Interessant ist das Einheitspatentsystem vor allem für Patentinhaber, die bisher europäische Patente regelmäßig in vielen Staaten validieren.
Durch den Antrag auf einheitliche Wirkung bekommen Sie schon ab voraussichtlich Q4/2022 ein Patent in mindestens 17 Staaten zu einem Preis, den Sie bisher für die Validierung in vier Staaten bezahlen müssen. Zudem ist die Möglichkeit der zentralen länderübergreifenden Rechtsdurchsetzung (einschließlich der Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung) interessant, die allerdings auch mit dem Risiko der dann möglichen zentralen Nichtigkeitserklärung einhergeht.
Im Falle einer Entscheidung gegen das Einheitspatent sollte im Vorfeld des Vorgehens wegen einer Patentverletzung überlegt werden, ob man national oder vor dem Einheitspatentgericht klagen will – d.h. man sollte ggf. einen „Opt-Out“ erwägen, bevor man den Verletzter anschreibt.
Mit dem neu geschaffenen Einheitspatentsystem wird die Position nationaler deutscher Patente gestärkt, da man (aufgrund des Wegfalls des Doppelschutzverbotes) zukünftig die Wahlmöglichkeit hat, entweder aus dem europäischen Patent vor dem Einheitspatentgericht oder aus dem deutschen Patent national gegen die Verletzung vorzugehen – auch wenn beide den gleichen Schutzgegenstand haben. Dies bedarf allerdings des Verzichts auf eine „Opt-Out“-Erklärung und geht somit mit der Gefahr eines zentralen Nichtigkeitsverfahrens vor dem UPC (Einheitspatentgericht) einher.
Sofern man keine nationale deutsche Patentanmeldung hat, sollte man (sofern die Erfindung nicht nur ein Verfahren ist) die Möglichkeit der Gebrauchsmusterabzweigung aus einer europäischen Patentanmeldung in Betracht ziehen.
Bestehende und künftig zu verhandelnde Lizenz- und Kooperationsverträge sind auf die Kompatibilität mit den Regelungen des Einheitspatents zu überprüfen (Wer entscheidet darüber, ob ein Einheitspatent gewählt wird oder nicht bzw. wer entscheidet über einen Opt-Out/Opt-In? Wer darf klagen? Wo darf geklagt werden?).
Gern berate ich Sie detailliert bezüglich der für Sie passenden Schutzrechtstrategie.
Es wird noch in diesem Jahr mit einem Start des neuen Einheitspatentsystems, bestehend aus „Europäischem Patent mit einheitlicher Wirkung“ (Einheitspatent) und neu geschaffenem Einheitspatentgericht (EPG), gerechnet.
Dann wird es möglich sein, nach der Erteilung des europäischen Patents anstelle der nationalen Validierung in den einzelnen, teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten ein Einheitspatent (Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung oder EPeW) zu beantragen.
Vor allem die Möglichkeit des zentralen Nichtigkeitsverfahrens stellt ein gewisses Risiko für den Patentinhaber dar. Andererseits spart man Kosten für die Validierung und kann gegen eine Patentverletzung, die in mehreren teilnehmenden Saaten erfolgt, in einem Gerichtsverfahren vorgehen und muss nicht wie bisher jeweils national klagen.
Territorial bleibt die Reichweite während der gesamten Laufzeit des Einheitspatentes unverändert (neue Mitgliedstaaten verändern das bestehende Einheitspatent nicht).
Die Verwaltung des Einheitspatents ist einfacher und oft kostengünstiger. Denn es ist nur noch das EPA als zentrales Amt für Umschreibungen und Jahresgebührenzahlungen zuständig. Bisher waren das die nach Erteilung zuständigen einzelnen nationalen Ämter. Die Höhe der Jahresgebühren entspricht der Summe der Jahresgebühren der vier Länder, in denen im Jahr 2015 die meisten Patente validiert wurden.
Zum ersten Mal kann man gegen länderübergreifende Patentverletzung vor einem Gericht vorgehen und sogar eine länderübergreifende einstweilige Verfügung erlangen.
Allerdings gibt es bisher keine Erfahrung aus früherer Rechtsprechung.
Und ein nicht zu unterschätzendes Risiko der einheitlichen Wirkung ist, dass ein zentraler Angriff des Rechtsbestands des Patents möglich sein wird. Verletzung und Rechtsbestand werden vor einer Kammer verhandelt. Dies kann im Falle „schwacher“ Patente durchaus ein erwähnenswerter Nachteil sein, der bei „starken“ Patenten allerdings nicht relevant werden dürfte.
Auch bzgl. des sogenannten Doppelschutzverbots gibt es Änderungen.
Zu den detaillierten Möglichkeiten, auch gerade während der Übergangsphase, beraten wir Sie gern.
Die Position nationaler deutscher Patente wird gestärkt, da man zukünftig die Wahlmöglichkeit hat, entweder aus dem europäischen Patent vor dem Einheitspatentgericht oder aus dem deutschen Patent national gegen Verletzungen vorzugehen. Zumindest während der ersten Jahre, bis Erfahrungen mit dem Einheitspatentgericht vorliegen, ist diese Option interessant. Dahingehend ist auch die Möglichkeit der Gebrauchsmusterabzweigung aus einer europäischen Patentanmeldung in Betracht zu ziehen.
Weiterführende Informationen finden Sie auch unter diesem Link.