Designschutz an einem Teil eines Gesamterzeugnisses

(bei einem nicht-eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster)

Der EuGH stellt in seinem Urteil vom 28.10.2021 (C-123/20, Ferrari SpA gegen Mansory Design & Holding GmbH) Folgendes heraus:

Auch bei Beanspruchung von Designschutz an nur einem Teil eines Gesamterzeugnisses bedarf es einer klaren Erkennbarkeit der Erscheinungsform des Teils, für den Designschutz beansprucht wird.

Es gibt allerdings keine Pflicht, jedes einzelne Teil eines Erzeugnisses, das durch ein nicht-eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt werden soll, gesondert zu offenbaren.

Das beanspruchte Geschmacksmuster muss „präzise und sicher“ zu erkennen sein. Es ist zwingend notwendig, dass die Erscheinungsform eines solchen Teils eines Erzeugnisses selbst geeignet sein muss, einen „Gesamteindruck“ hervorzurufen, der nicht vollständig in dem Gesamteindruck des Gesamterzeugnisses untergehen darf.

(Quelle: Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, Heft 2/2022)

Nun steht fest: KI/AI kann nicht als Erfinder benannt werden.

„The Legal Board of Appeal of the EPO has issued in writing its decision in case J 8/20, confirming that under the European Patent Convention an inventor designated in a patent application must be a human being. The decision concerned the rejection of two European patent applications in which an artificial intelligence system called DABUS was designated as the inventor.“ (Quelle: EPA)

Eine wohl nachvollziehbare Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts.

Kein Rechtsbestandsverfahren mehr als Voraussetzung für Urteile im einstweiligen Verfügungsverfahren

Kein Rechtsbestandsverfahren mehr als Voraussetzung für Urteile im einstweiligen Verfügungsverfahren

Der EuGH hat mit einer spektakulären Entscheidung (C‑44/21) die bisherige Vorgehensweise deutscher Gerichte beendet, nach der einstweilige Verfügungen aus Patenten nur mit einem vorherigen streitigen Verfahren möglich waren. Ein abgeschlossenes Rechtsbestandsverfahren ist nun keine Voraussetzung mehr für ein Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren. Und das geht sogar einer im EPGÜ anders geregelten Regelung vor. Das ist sehr erfreulich – wo denn sonst die Bedeutung des Eilrechtsschutzes geblieben wäre…

Für Kritiker sei angemerkt, dass der EuGH in seiner Entscheidung darauf hinweist, dass die Durchsetzungsrichtlinie zahlreiche Maßnahmen vorsieht, die einem Missbrauch eines Antrags auf einstweilige Verfügung entgegenwirken, nämlich
– die Möglichkeit, den Patentinhaber in die Hauptsache zu zwingen,
– die Auferlegung von Sicherheitsleistungen, sowie
– den Erlass von Schadenersatz, sollte die einstweilige Verfügung im Nachhinein aufgehoben werden.

Das neue Einheitspatentsystem

Interessant ist das Einheitspatentsystem vor allem für Patentinhaber, die bisher europäische Patente regelmäßig in vielen Staaten validieren.

Durch den Antrag auf einheitliche Wirkung bekommen Sie schon ab voraussichtlich Q4/2022 ein Patent in mindestens 17 Staaten zu einem Preis, den Sie bisher für die Validierung in vier Staaten bezahlen müssen. Zudem ist die Möglichkeit der zentralen länderübergreifenden Rechtsdurchsetzung (einschließlich der Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung) interessant, die allerdings auch mit dem Risiko der dann möglichen zentralen Nichtigkeitserklärung einhergeht.

Im Falle einer Entscheidung gegen das Einheitspatent sollte im Vorfeld des Vorgehens wegen einer Patentverletzung überlegt werden, ob man national oder vor dem Einheitspatentgericht klagen will – d.h. man sollte ggf. einen „Opt-Out“ erwägen, bevor man den Verletzter anschreibt.

Mit dem neu geschaffenen Einheitspatentsystem wird die Position nationaler deutscher Patente gestärkt, da man (aufgrund des Wegfalls des Doppelschutzverbotes) zukünftig die Wahlmöglichkeit hat, entweder aus dem europäischen Patent vor dem Einheitspatentgericht oder aus dem deutschen Patent national gegen die Verletzung vorzugehen – auch wenn beide den gleichen Schutzgegenstand haben. Dies bedarf allerdings des Verzichts auf eine „Opt-Out“-Erklärung und geht somit mit der Gefahr eines zentralen Nichtigkeitsverfahrens vor dem UPC (Einheitspatentgericht) einher.

Sofern man keine nationale deutsche Patentanmeldung hat, sollte man (sofern die Erfindung nicht nur ein Verfahren ist) die Möglichkeit der Gebrauchsmusterabzweigung aus einer europäischen Patentanmeldung in Betracht ziehen.

Bestehende und künftig zu verhandelnde Lizenz- und Kooperationsverträge sind auf die Kompatibilität mit den Regelungen des Einheitspatents zu überprüfen (Wer entscheidet darüber, ob ein Einheitspatent gewählt wird oder nicht bzw. wer entscheidet über einen Opt-Out/Opt-In? Wer darf klagen? Wo darf geklagt werden?).

Gern berate ich Sie detailliert bezüglich der für Sie passenden Schutzrechtstrategie.

Neuigkeiten zum Einheitspatent und dem Einheitspatentgericht für 2022

Derzeitige Staaten mit einheitlichem Patentschutz (Einheitspatent)

Es wird noch in diesem Jahr mit einem Start des neuen Einheitspatentsystems, bestehend aus „Europäischem Patent mit einheitlicher Wirkung“ (Einheitspatent) und neu geschaffenem Einheitspatentgericht (EPG), gerechnet.

Dann wird es möglich sein, nach der Erteilung des europäischen Patents anstelle der nationalen Validierung in den einzelnen, teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten ein Einheitspatent (Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung oder EPeW) zu beantragen.

Vor allem die Möglichkeit des zentralen Nichtigkeitsverfahrens stellt ein gewisses Risiko für den Patentinhaber dar. Andererseits spart man Kosten für die Validierung und kann gegen eine Patentverletzung, die in mehreren teilnehmenden Saaten erfolgt, in einem Gerichtsverfahren vorgehen und muss nicht wie bisher jeweils national klagen.

Territorial bleibt die Reichweite während der gesamten Laufzeit des Einheitspatentes unverändert (neue Mitgliedstaaten verändern das bestehende Einheitspatent nicht).

Die Verwaltung des Einheitspatents ist einfacher und oft kostengünstiger. Denn es ist nur noch das EPA als zentrales Amt für Umschreibungen und Jahresgebührenzahlungen zuständig. Bisher waren das die nach Erteilung zuständigen einzelnen nationalen Ämter. Die Höhe der Jahresgebühren entspricht der Summe der Jahresgebühren der vier Länder, in denen im Jahr 2015 die meisten Patente validiert wurden.

Zum ersten Mal kann man gegen länderübergreifende Patentverletzung vor einem Gericht vorgehen und sogar eine länderübergreifende einstweilige Verfügung erlangen.

Allerdings gibt es bisher keine Erfahrung aus früherer Rechtsprechung.

Und ein nicht zu unterschätzendes Risiko der einheitlichen Wirkung ist, dass ein zentraler Angriff des Rechtsbestands des Patents möglich sein wird. Verletzung und Rechtsbestand werden vor einer Kammer verhandelt. Dies kann im Falle „schwacher“ Patente durchaus ein erwähnenswerter Nachteil sein, der bei „starken“ Patenten allerdings nicht relevant werden dürfte.

Auch bzgl. des sogenannten Doppelschutzverbots gibt es Änderungen.

Zu den detaillierten Möglichkeiten, auch gerade während der Übergangsphase, beraten wir Sie gern.

Die Position nationaler deutscher Patente wird gestärkt, da man zukünftig die Wahlmöglichkeit hat, entweder aus dem europäischen Patent vor dem Einheitspatentgericht oder aus dem deutschen Patent national gegen Verletzungen vorzugehen. Zumindest während der ersten Jahre, bis Erfahrungen mit dem Einheitspatentgericht vorliegen, ist diese Option interessant. Dahingehend ist auch die Möglichkeit der Gebrauchsmusterabzweigung aus einer europäischen Patentanmeldung in Betracht zu ziehen.

Weiterführende Informationen finden Sie auch unter diesem Link.

Achtung bei der Beanspruchung einer Priorität

Achtung bei der Beanspruchung einer Priorität einer früheren Anmeldung durch lediglich einige der bisherigen Anmelder.

Die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) hat sich dazu in ihrer Entscheidung T 844/18 (Crispr/Cas) geäußert und führt ihre bisherige Linie fort:

Für eine wirksame Inanspruchnahme der Priorität einer früheren Anmeldung (mit mehreren Anmeldern) durch lediglich einige der Anmelder dieser früheren Anmeldung in Form einer Nachanmeldung bedarf es einer wirksamen Übertragung des Prioritätsrechts. Dieses muss von den verbleibenden Anmeldern der früheren Anmeldung an die Anmelder der Nachanmeldung übertragen werden.

Vorliegend war dies nicht gegeben, so dass die Beanspruchung der Priorität unwirksam war und schließlich Zwischenveröffentlichungen neuheitsschädlich „wurden“.

Denn es ging dabei auch um die Bestimmung von „Jedermann“, dem gemäß Art. 87 EPÜ ein Prioritätsrecht zusteht. Dabei wird auf die handelnden Personen abgestellt, die den Akt der Anmeldung des Patents vorgenommen haben (Rn. 108 der Entscheidung), unabhängig davon, wer die eigentliche Erfindung gemacht hat. Das EPA vollzieht sozusagen einen „identity of applicants“-Test.

Zusätzlich wurde bestätigt, dass das EPA zur Prüfung der Priorität überhaupt berechtigt ist.