Interessantes aus Aufsätzen und Rechtsprechung aus den „Mitteilungen der deutschen Patentanwälte“, 114. Jahrgang, Januar 2023

  • Eine Änderung der Patentansprüche vor dem EPA nach einem Prüfungsbescheid erfordert die Konvergenz oder bedarf der Zustimmung durch das EPA. Eine Neuausrichtung der EP-Anmeldung ist somit nur nach Erhalt des EESR möglich oder müsste über eine Teilanmeldung oder GebrM-Abzweigung realisiert werden
  • “Long-arm jurisdiction“ des UPC / “Extended jurisdiction” of the UPC (keine Trennung mehr von Verletzungs- und Bestandsverfahren): Es kann zum sogenannten „blocking effect“ kommen, wenn nämlich bei erklärtem Opt-Out vor Zurücknahme mittels Opt-In ein Verfahren vor einem nationalen Gericht initiiert wurde. Eine Rücknahme des Opt-Outs ist dann nicht mehr möglich. Dies bleibt auch so, wenn das nationale Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen worden ist (betroffen sind allerdings nur Verfahren, die erst nach Inkrafttreten des UPCA begonnen wurden oder zu dieser Zeit zumindest noch anhängig sind).
  • ArbEG: Lizenzanalogie: Die Höhe eines Lizenzsatzes, auf den sich vernünftige Parteien geeinigt hätten, ist abhängig von der Stärke des Verbietungsrechts
  • EPA: Der Grundsatz der Merkmalsinterpretation in der breitesten, sinnhaften Art (breitestmöglicher Schutzbereich) erfordert gleichermaßen im Falle negativ formulierter Ausschluss-Merkmale eine Auslegung dieser so eng wie möglich.
  • Mittelbare Patentverletzung EPA: Die „Bestimmung zur patentverletzenden Verwendung“ ist nach dem subjektiven Anwenderwillen zu bestimmen (Angebotsempfänger, subjektives Tatbestandsmerkmal) und nicht nach objektiven Maßstäben. Zusätzlich muss der Dritte/Anbieter Kenntnis von diesem subjektiven Anwenderwillen haben (Vorsatz) oder die Verwendungsbestimmung muss nach den Umständen offensichtlich sein. Die Bestimmung zur Benutzung der Erfindung setzt daher einen entsprechenden Handlungswillen des Angebotsempfängers oder Belieferten (im Zeitpunkt der Vornahme einer mittelbaren Patentverletzung durch den Anbietenden oder Lieferanten) voraus. Der Tatbestand der mittelbaren PV enthält kein absolutes Verbot der Lieferung von Mitteln (die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen), sondern greift nur dann ein, wenn die Mittel nicht nur …geeignet, sondern durch die Angebotsempfänger und/oder Abnehmer hierzu auch bestimmt sind. Dies ist für jedes einzelne Angebot und für jede einzelne Lieferung festzustellen. Aufgrund der schwierigen Darlegbarkeit des Willens des Angebotsempfängers genügt es, wenn das Bestimmtsein auf Grund der Umstände offensichtlich ist, so dass zur Feststellung der Tatbestandsmerkmale auf Erfahrungen des täglichen Lebens zurückgegriffen werden kann. Ob nun der Abnehmer ein privater Abnehmer oder ein gewerblicher Abnehmer ist, spielt bei der Frage der mittelbaren Patentverletzung durch einen Dritten (Anbieter) keine Rolle.